Schwarze Schafe müssen draußen bleiben – Betrugsprävention bis hin zum Hausverbot für Kunden im Online-Shop

(c) Bettina Vier, Digitalisierung + E-Commerce
Laut CRIF-Umfrage (Quelle: IT-ZOOM, 95 Prozent der Online-Shops von Betrug betroffen, abgerufen: 5.12.2025) verursachen betrügerische Kunden in Online-Shops Millionen- bis Milliardenschäden. Betroffen ist fast jeder Online-Shop. 42% erleiden Verluste von weniger als 10.000 € im Jahr. 32 % müssen Verluste von 10.000 bis 10.000 € verbuchen und 25% sogar mehr als 100.000 €. Neben den Zahlungsausfällen und Warenverlusten muss der Händler zusätzliche Kosten für juristische Dienstleistungen oder Rücksendekosten tragen.
Die häufigsten Betrugsformen in Online-Shops
- In 76% der Fälle liegt Identitätsdiebstahl vor. Kriminelle gelangen an Informationen wie Namen, Adressen, Zugangsdaten oder Kreditkartendaten, und nutzen diese beispielsweise für Bestellungen, Kontoeröffnungen oder zur Verbreitung von Falschinformationen.
- 53% der Online-Händler sind durch Eingehungsbetrug betroffen In diesen Fällen wissen die Kunden bereits bei Vertragsabschluss, dass sie nicht in der Lage sind, ihren Vertragsteil leisten zu können, z.B. weil sie zahlungsunfähig sind.
Hausverbot für Kunden: Wer möchte in solchen Fällen nicht vom virtuellen Hausrecht Gebrauch machen?
Online-Händler können auffällige Kunden ausgrenzen, d.h. den Verkauf an diese Kunden verwehren (interne Blacklist). Das gilt insbesondere, wenn sachliche Gründe vorliegen (wie z.B. wiederholter Zahlungsausfall oder Betrugsversuch). Die Grundrechte dürfen dabei nicht verletzt werden. Die Voraussetzung ist, dass die Regelung hierzu in den AGBs hinterlegt sind.
Nach einem Urteil vom 29.05.2020, Az. V ZR 275/18 dürfen private stationäre Händler und Online-Händler Kunden auch ohne sachlichen Grund ausschließen, wenn hierüber Grundrechte nicht verletzt werden, und Kunden nicht maßgeblich vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen werden. (Quelle: Online-Shops dürfen virtuelles Hausverbot erteilen, VY, abgerufen 5.12.2025)
Das Hausverbot für Kunden ist das härteste Mittel, das ergriffen werden kann. Doch bevor es dazu kommt, können Sie mit Hilfe der Technik Vorsorge treffen.
Technisch gesteuerte Maßnahmen der Betrugspräventionen vorgestellt
Schutz vor Fake-Bestellungen, Zahlungsausfall und Identitätsdiebstahl
- Bonitätsprüfungen (z. B. Schufa, Boniversum)
- Adressvalidierung & Plausibilitätschecks
- Fraud-Prevention-Tools von Payment-Providern (Stripe Radar, PayPal Seller Protection, Adyen etc.)
Schutz vor Missbrauch des Rechnungskaufs und Stornierung von Rücklastschriften
Kunden klassifizieren und nach Kundenkategorie Zahlungsarten zuteilen. Einfachste Variante wäre z.B. diese:
- Neukunden und nicht vertrauenswürdigen Bestandskunden: Sichere Zahlungsarten wie Vorkasse, Sofortüberweisung, Paypal oder Kreditkarte.
- Vertrauenswürdige Bestandskunden: Rechnungskauf, Lastschrift, Ratenkauf, später zahlen
Schutz vor Reselling-Betrug und Mehrfachbestellungen unter falschen Identitäten
Ein Reselling-Betrug liegt z.B. vor, wenn ein Kunde ein Online-Seminar bucht und teurer weiterverkauft. Mehrfachbestellungen unter falschen Identitäten werden genutzt, um teure Waren zu beziehen, die sie nicht benutzten. Durch den Diebstahl bekannter Personen werden Bonitätsprüfungen umgangen.
Mögliche Betrugspräventionen:
- Identitätsnachweise einfordern, z.B. Post-Ident-Verfahren, digitaler Personalausweis
- Bonitätsprüfungen (z. B. Schufa, Boniversum)
- Einkaufslimits (z.B. pro Einkauf, Zeitperiode)
- Ausschluss auffälliger PLZ-Gebiete
- Unterscheidung nach Neukunden und vertrauenswürdigen oder nicht vertrauenswürdigen Bestandskunden
Schutz vor „Nicht erhalten“ und Rücksendebetrug
Rücksendebetrug liegt vor, wenn Kunden leere Pakete zurückschicken, das Produkt austauschen oder benutzte Produkte (z.B. getragene Kleidung) zurückschicken.
Mögliche Betrugspräventionen:
- Versandtracking gegen „nicht erhalten“
- Seriennummern bei Retouren prüfen (QR- oder Strich-Codes, RFID)
- Retourendokumentation mit Kameraüberwachung
- Beschädigungserkennung (KI unterstützt)
- Kunden mit hoher Retourenquote markieren (s. unten auch Hausrecht)
Rechtssichere und klar formulierte AGBs und Widerrufsregelungen
- Informationen zur Rücksendung und zum Widerruf
- Ausschluss bestimmter Waren von der Rücksendung (z.B. digitale Produkte, Hygiene-Artikel)
Muster erkennen
Durch den Einsatz von fraud detection Tools können Muster erkannt werden, z.B.
- Ungewöhnliche IP-Adressen
- Bestellhäufigkeit vs. Bestellgewohnheit
- Retourenverhalten
- Reklamationen von Kunden
- Abweichende Rechnungs- und Lieferadressen
- Nutzung von VPN / Proxy (können als Tarnversuche gewertet werden)
Beratung von Datenschützer und Juristen einholen
Generell gilt: Bei der Einführung technischer Präventionsmaßnahmen bis hin zum Hausverbot für Kunden immer die Experten des Datenschutzes und Online-Rechts einzubinden. Die rechtliche Verflechtungen und Rahmenbedingungen können insbesondere im internationalen Umfeld sehr komplex werden. Daher muss bei der Umsetzung entsprechende Sorgfalt betrieben werden.
Disclaimer
Bitte beachten Sie, dass dieser Artikel keine Rechtsbelehrung darstellt. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an einen Juristen mit entsprechenden Kenntnissen.
Download Spotlight „Betrugsprävention“

Hier können Sie sich einen Überblick möglicher Maßnahmen zur Betrugsprävention mit Hinweis auf technischen Lösungen herunterladen.
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Bettina Vier, 2016
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